Hl. Justin von Celije

Predigt zum Sonntag des Gelähmten

 

 

 

 

Mit freundlicher Genehmigung des Klosters des hl. Hiob von Počaev veröffentlicht.
Im Original erschienen in: Bote 2000, 2

Christus ist auferstanden! er ist wahrhaftig auferstanden!
In vier Worten ist das ganze Geheimnis sowohl dieser Welt als auch jeder anderen und jedes Menschen und das Geheimnis meines Wesens, und das Geheimnis eures Wesens ausgesprochen. Gäbe es den Auferstandenen Herrn nicht, so gäbe es Seine Auferstehung nicht, gäbe es die Auferstehung nicht, so gäbe es uns nicht. Es gäbe keine Christen in der Welt.
Aber wodurch hat der Herr Christus diese Welt besiegt, wodurch hat das Christentum diese Welt besiegt? Es ist bekannt, daß das große und mächtige Römische Reich zu Beginn des Christentums dreihundertdreißig Jahre lang die Christen überall und an allen Ecken verfolgte. Sie verteidigten sich nicht mit Kanonen und Flugzeugen, nein! Sie verteidigten sich durch das Gebet und die Hilfe Gottes. Denkt an die Worte des Herrn an Seine Jünger: also sende Ich euch wie Lämmer unter die Wölfe (Mt 10, 16). Und es geschah das größte Wunder: nicht die Wölfe verschlangen die Schafe, rissen sie und vernichteten sie, sondern die Schafe verwandelten die Wölfe in Schafe. Was ist das? Was ist das für eine Kraft? Das ist die Kraft, die ihr heute in den Worten des Apostels Petrus hörtet, da er zu Änneus spricht: Stehe auf, und er richtet sich sofort auf (Apg 9, 34), und das er zu Tabitha spricht: Steh auf von den Toten, und sie erstand von den Toten auf, wie vom Schlaf (Apg. 9, 34). Was ist es denn, was mit dieser Welt geschah? Erklärt ist ein großes Geheimnis, das Geheimnis dieser Welt und das Geheimnis des Menschen. Was zeigt die Auferstehung des Herrn Christus? Sie zeigt, daß der Mensch ein ewiges Wesen ist. Der Tod ist besiegt – das bedeutet die Auferstehung des Herrn Christus. Und das Ewige Leben ist jedem menschlichen Wesen garantiert. Um dessentwillen kam der Herr in diese Welt.
Diese Welt war ständig in der Gewalt des schrecklichen Todes. Was ist schrecklicher als der Tod? Nichts! Aber dieser ganze Planet, diese ganze Erde Gottes war ein Friedhof und Totenhaus, ein riesiges Totenhaus, und einer nach dem anderen wurden die Menschen zu Gefangenen dieses Leichenhauses. Und so zeigte der Herr Christus durch Seine Auferstehung uns allen, daß wir, Menschen – ewige Geschöpfe sind, daß wir für das Ewige Leben geschaffen sind. Ja, für das Ewige Leben, und nichts weniger. Ist aber Christus nicht auferstanden – spricht der Apostel Paulus, – so ist unser Glaube vergeblich (1. Kor. 15, 14). Was bedeutet uns Christus, wenn Er den Tod nicht besiegte? Wodurch unterscheiden wir Christen uns dann von den anderen Menschen? Schaut da, heute und gestern und immer in der Geschichte der Welt treten ununterbrochen tapfere Menschen auf, Helden – wer sind sie, was sind sie? – Mücken…
Nur der Herr Christus steht als Besieger des Todes und als Lebenspender vor uns. Darin besteht Seine ausschließliche Größe. Unser Glaube ist der Glaube an die Auferstehung des Herrn Christus und die Auferstehung unser selbst. Christus ist auferstanden, das heißt, daß wir alle auferstehen! Er ist eben dafür auferstanden, um uns das Ewige Leben zu schenken, um uns den Sieg über den Tod zu sichern, diesen einzigen wahren Sieg in dieser Welt. Alle anderen Siege sind einfach lächerlich. Millionen von Menschen kommen um – wofür? Wofür gehen Menschen heute verloren? Nicht dafür, wofür sie geschaffen sind, nicht um des Ewigen Lebens willen, sondern um irdischer, vergänglicher, einfacher, nichtsnutzer Dinge willen.
Wenn die Menschen in ihrem Wahn Gott vergessen, wenn die Menschen in ihrer Verblendung den Herrn Christus verfolgen, was geschieht mit diesen Menschen, was ist dann diese Erde? Dann ist diese Erde ein Irrenhaus! Den Herrn Christus verfolgen, das Allerhöchste Wesen in dieser Welt, diesen erhabensten Menschenfreund – was ist das? Das ist Wahnsinn, Irrsinn! Wir Menschen, wir verwandeln diese Welt, diesen kleinen Stern Gottes, die sich Erde nennt, in ein Irrenhaus. Daher ist jedes Urteil über den Menschen und am Menschen gerechtfertigt. Wir alle sind in dieser Welt für den Tod und in dieser Welt verantwortlich, für die Sünden in dieser Welt, für den Teufel in dieser Welt. Was geschieht mit uns, wenn wir mit Gott Krieg anfangen? Wir sind immer schwächer als Er, immer werden wir im Nachteil sein.
Sieh, wieviele tote Seelen, wieviele Leichen allein im serbischen Volk. Die Menschen lehnen den Herrn Christus ab, wenden sich vom Ewigen Leben ab – wofür? Was bietet ihnen diese Welt? Und wir stehen mit dem Apostel Paulus für die Ewige Wahrheit: Christus ist auferstanden, damit auch wir auferstehen (1. Kor. 15, 20–23). Das ist die grundlegendste Wahrheit für uns Christen. Und die Orthodoxe Kirche lobpreist die Auferstehung des Herrn Christus, Seinen Festtag, nicht einen Tag oder zwei, sondern vierzig Tage lang – bis zur Himmelfahrt – ununterbrochen wird die Auferstehung des Herrn Christus gepriesen. Und nicht nur das, die Auferstehung des Herrn Christus wird an jedem Sonntag gefeiert, Brüder, an jedem Sonntag gedenken wir der Auferstehung des Herrn Christus. Auferstehung? Die hört in unserer Seele nicht auf. Die Kraft des Herrn Christus ergießt sich über uns, über Seine Heilige Auferstehung, über diese unaufhörtliche Freude.
Ihr hörtet heute aus dem Sendschreiben des heiligen Johannes des Theologen, was er über den Herrn Christus sagt: das wir gehört haben, das wir gesehen haben mit unseren Augen, das wir beschaut haben und unsere Hände betastet haben, vom Wort des Lebens, … und bezeugen euch (1. Jo. 1,1–2). Da bezeugen wir euch den Herrn Christus, Welcher das Ewige Leben schenkt. Wir aber haben Ihn mit unseren Händen, wie Seine Jünger, betastet. Das Christentum, das schon bald zweitausend Jahre verfolgt wird, ist stärker als alle irdischen Dinge geschaffen. Viele Alpträume und Stürme werden vorübergehen, doch die Kirche Christi wird bestehen bleiben und nicht vergehen. Die Menschen vergehen, aber nicht die Kirche! Der heilige Johannes der Theologe, ein Mensch, der mit seinem ganzen Wesen und seiner ganzen Überzeugung bezeugte und bezeugt, daß Christus der Gottmensch ist, sagt: wollt ihr das ewige Leben haben, so glaubt an den Herrn Christus, an Seine Auferstehung, glaubt an Seine Werke (vgl. 1. Jo. 5, 5 und 12–13).
Schaut den Apostel Petrus an, wie er Menschen auferweckt, Wunder wirkt. Schafe verwandeln Wölfe in Schafe und Lämmer. Der heilige Vasilij von Ostrog wirkt auch heute Wunder, und der heilige Prochor von Pchin, und alle unzähligen serbischen Heiligen. Wovon kommt das? Von der Auferstehung Christi, vom Feiertag, der vierzig Tage lang gefeiert wird und sonntags im Laufe des ganzen Jahres. Das ist es, was uns Christen in dieser Welt unterstützt. Wir lachen über unsere Verfolger, wir fürchten den Tod nicht, wir ´sind Kinder des Auferstandenen Herrn, denn Er verleiht uns Kraft und Macht alles zu besiegen, was uns von Gott trennt, was und von Seiner Gerechtigkeit trennt, Seiner Wahrheit, Seiner Güte.
Der gütige Auferstandene Herr möge uns durch Seinen Jünger, den heiligen Johannes, durch die Allerheiligste Gottesgebärerin und aller Heiligen in diesem Glauben an die Auferstehung des Herrn Christus festigen, an unsere Auferstehung, daran, daß wir ewige Wesen sind, und unsere Aufgabe in diesen Welt – die Auferstehung der Toten und den Sieg über den Tod zu offenbaren. Diesen Sieg über den Tod durchlebt jeder von uns, wenn er nach dem Evangelium lebt, wenn er sich bemüht, durch den Glauben an den Herrn, durch die Liebe und das Gebet sein Leben zu auszufüllen. Und das alles, wenn es tief in unsere Seele eingezeichnet wird, führt uns zum Ewigen Leben.
Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!